Sonntag, 25. März 2012

-8-

Mit meiner Zunge befeuchte ich meine Lippe und rutsche auf meinem Stuhl etwas nach vorne. "Luisa?" Ich schlucke, mein Mund fühlt sich wie eine Sandwüste an. Ich atme tief ein. Versprochen? Versprochen! Mein Blick schweift durch den Raum, alle schauen mich an. Ich merke wie sich die Angst in mir breit macht. Mein Blick bleibt an seinem hängen, er lächelt, lautlos formt er: Alles wird gut. Ich nicke und stehe auf. Einen kurzen Moment bin ich selbst überrascht, ich stehe tatsälich und gehe nach vorne. Die Blicke folgen mir.
"Ich bin Luisa." Ich stocke. Und jetzt? Mir fehlen die Worte, ich war doch noch nie gut darin etwas zu sagen. "Warum bist du hier?" Ich schaue in die Richtung aus der die Stimme kam. Ein kleines Mädchen, vielleicht 10, lächelt mich an. Warum ist sie hier und nicht glücklich bei ihrer Familie? "Ich bin hier, weil.." Meine Stimme bricht ab. Ich kann es nicht. "..weil..weil ich essgestört bin." Ich schaue auf die dünnen Arme des kleinen Mädchens. Das kann nicht sein, es kann einfach nicht sein. Irgendetwas schlaues muss ich sagen, für sie. Für all die, die an dieser schrecklichen Krankheit leiden. Mein Herz pocht so laut, dass es eigentlich jeder hier im Raum hören müsste. Tief Luft holen. Auf die Plätze, fertig, los: "Ich merke, wie der Wunsch gesund zu werden mit jedem Tag größer wird. Wenn ich sehe wie es draußen Sommer wird, die Blumen anfangen zu blühen und die Vögel singen wünsche ich mir, dass es genauso auch hier drin passiert. Ich stelle mir vor, wie wir alle aus einem bösen Traum aufwachen, ganz langsam und jeder für sich. Wir überwinden Schritt für Schritt die Angst die Kontrolle über unser Leben zu verlieren und verwandeln sie in sprühende Lust am Leben. Wir lassen die Welt aus Zahlen und Kalorien hinter uns und tauchen in eine Welt voller Genüsslichkeiten ein. Langsam befreien wir uns aus den Klauen des Selbtshass und beginnen uns so zu mögen so wie wir sind. Wir lernen unsere Schwächen kennen und fangen an sie zu akzeptieren. Auch wenn jeder für sich gesund wird, auf seine ganz eigene Weise und nur genauso schnell wie es möglich ist, halten wir alle zusammen. Wir erfinden uns neu und helfen einander, niemand wird aufgegeben oder bleibt auf dem Weg zurück. Ganz sicher ist es nicht leicht und es kostet uns alle fruchtbar viel Kraft und Nerven, aber wir alle schaffen das zusammen. Wir verlassen eine traurige, graue und kaltherzige Welt und gelangen in eine bunte, völlige verrückte und neue Welt. Ich glaube ganz fest daran, dass wir es schaffen den Sommer hier zu uns zu holen.Vielleicht habe ich es in der ganzen, die ich schon hier verbringe nicht geschafft nach außen hin gesund zu werden und an Gewicht zu zunehmen, aber ich habe begriffen, dass es jeder von uns schaffen kann und viel wichtiger, dass es jeder von uns verdient hat gesund zu werden und dass keiner von uns diese Krankheit braucht. Wir alle sind viel stärke als sie. Zusammen sind wir unaufhaltsam. Zusammen schaffen wir es." Ich beiße mir auf die Unterlippe und suche irgendeinem Halt: Er lächelt über das ganze Gesicht.

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